Chronik
Heimat und Gründungsstätte unseres Vereines ist das Dorf Reichertsheim, gelegen in einer Talmulde der von den Gletschern der Risseiszeit vor ca. 200.000 Jahren geschaffenen Altmoränenhügel. Von den Gipfeln dieser mehr als 70m hohen Hügel ist bei klarem Wetter die Alpenkette vom Untersberg im Osten bis zur Zugspitze im Westen zu sehen. Die ersten geschichtlichen Spuren lassen sich mit Steinbeilfunden in der Umgebung auf das Jahr 2.000 v. Chr. bestimmen. Südlich von Reichertsheim befand sich im nahen Biburg eine keltische Viereckschanze. 15 v. Chr. eroberten die Römer das Alpenvorland. Sie legten die Straße von Augusta Vindelicum (Augsburg) nach Ovilava (Wels) an, die sich als spätere wichtige Heerstraße von München nach Wien im Reichertsheimer Bereich noch heute im wesentlichen mit der jetzigen Bundesstraße 12 deckt. Die erste schriftliche Erwähnung findet Reichertsheim zum Jahr 788 in den Güterverzeichnissen des Bischofs Arno von Salzburg mit einer Pfarrkirche in Reichertsheim, gelegen im Isengau. Bis zum Jahre 1821 gehörte Reichertsheim zur Erzdiözese Salzburg, seither zu München-Freising. Ab dem Jahr 1170 bis zur Säkularisation war die Pfarrei dem Augustinerchorherrenstift Au am Inn eingegliedert. Politisch gehörte Reichertsheim schon immer zu Bayern, wenn sich auch die Verwaltungsbezirke änderten. Angeführt sei hier nur die letzte Gebietsreform, mit der die Gemeinde Reichertsheim nach Auflösung des Landkreises Wasserburg a. Inn in den Landkreis Mühldorf a. Inn eingegliedert wurde.
In diesem nun über 1200 Jahre alten Dorf entschlossen sich im Jahre 1920 mehrere junge Leute zur Gründung eines Trachtenvereins. Aus der Geschichte dieses Vereins sei im folgenden in kurzen Worten berichtet: Aus der Freude an der Volksmusik trafen sich beim Thalmeier in Reichertsheim öfter junge Burschen zum Musizieren. Bei dieser Gelegenheit wurde auch das Schuhplatteln gelernt. Über Volksmusik und Schuhplattler reifte der Gedanke zur Gründung eines Trachtenvereins; die offizielle Vereinsgründung erfolgte am 20. August 1920. Schon bald nach der Vereinsgründung wurde mit dem Theaterspielen begonnen. Die Aufnahme in den Gauverband I erfolgte im Jahr 1921. An den nun anstehenden Fahnenweihen der neu gegründeten Vereine in näherer und weiterer Umgebung beteiligen sich auch die Reichertsheimer fleißig. Die Trachtenbewegung war in den ersten Nachkriegsjahren richtig in Schwung gekommen. Im heutigen Gauverband I wurden allein 36 Vereine in den Jahren 1918 bis 1924 gegründet. Zwei Fotografien und ein Ehrenpreis bezeugen die Teilnahme an der Fahnenweihe des GTEV „dö Gmüatlichn Mühldorfer Stamm“ mit einem Festwagen am 11. Juni 1922. Zu Pfingsten des Jahres 1923 beteiligten sich die Reichertsheimer Trachtler am 25jährigen Gründungsfest des GTEV „D‘ Untersbergler Stamm“ Berchtesgaden und an der Fahnenweihe des GTEV „D‘ Grüabign Funtenseer“ Königssee und erhielten hierfür den II. Weitpreis im Gau, der heute noch im Besitz des Vereins ist. Die Reise nach Berchtesgaden und wieder nach Hause dauerte von Pfingstsamstag bis Pfingstmontag und wurde per Eisenbahn und auf Schusters Rappen zurückgelegt.
1923 war es soweit, dass eine eigene Fahne beschafft werden konnte, was mit heute kaum mehr vorstellbaren Schwierigkeiten verbunden war. Wegen der damals herrschenden Inflation musste die Fahne hauptsächlich in Naturalien (Butter, Schmalz, Fleisch) bezahlt werden, die ein Mittelsmann des Gauverbandes entgegennahm und die Fahne besorgte. Mit dem Trachtenverein „Schneebergler“ aus Schnaitsee besteht schon seit der Vereinsgründung kameradschaftliche Verbundenheit. So konnten auch die Schnaitseer als Patenverein gewonnen werden. Das Patenband, das sie am 15. Juli 1923 an die Reichertsheimer Fahne hefteten, kostete bei einer Anzahlung von 4.000 Mark ganze 120.000 Mark. Trotz wirtschaftlicher Not in der Folgezeit blühte der Verein weiter auf.
1934 war der Verein Mitglied des Reichsverbands der Heimat- und Volkstrachtenvereine e.V. Sitz München, im Jahr 1938 wurde er der „KdF“ (Kraft durch Freude) im Rahmen der Maßnahmen der nationalsozialistischen Gleichschaltung angegliedert. Nach Ausbruch des Krieges 1939 kam die Vereinstätigkeit bald ganz zum Erliegen, da die wehrfähigen Männer zum Kriegsdienst einberufen wurden. An dieser Stelle gedenken wir besonders den hoffnungsvollen Männern aus unseren Reihen, die ihr junges Leben im Zweiten Weltkrieg opfern mussten.
Nach den Schrecken des Weltkriegs regte sich bei den Heimgekehrten und Daheimgebliebenen bald wieder die Trachtlerseele. Josef Herzog aus Anzenberg und Franz Hanslmeier aus Wagenspeck konnten in ihrer frohen Art mehrere junge Burschen und Dirndl für die Trachtensache begeistern. Das erste Theaterstück wurde bereits 1946 wieder aufgeführt. Nachdem die Besatzungsmacht die Bestimmungen gelockert hatte, erfolgte die Lizenzierung durch das Landratsamt Wasserburg am Inn im Jahr 1948. Das erste Gaufest der Nachkriegszeit wurde 1949 in Westerham besucht. Am 30. Juli 1950 konnte das 30jährige Gründungsfest gefeiert werden, wozu die Fahne renoviert worden war. Patenverein waren wieder die „Schneebergler“ aus Schnaitsee. 13 weitere Trachtenvereine feierten mit dem Festverein das Jubiläum.
Das 50jährige Gründungsfest wurde mit einem Heimatabend am 29. August und mit Gottesdienst und Festzug am 30. August 1970 in kleinem und brüderlichem Rahmen mit den Nachbar- und Ortsvereinen gefeiert. Das Jahr 1980 brachte das 60-jährige Gründungsfest mit Weihe einer neuen Fahne. Am Donnerstag, 14. August: Gedenkgottesdienst mit Kranzniederlegung am Kriegerdenkmal und Mitgliederehrungen im Festzelt, am Freitag, 15. August: Patrozinium, nachmittag Goaßlschnalzertreffen und abends Volkstanz, am Samstag, 16. August: Heimatabend und am Sonntag, 17. August: Festgottesdienst mit Fahnenweihe und Festzug mit 2.000 Trachtlern aus 32 Trachtenvereinen. Wieder standen die Schnaitseer Pate. Festkapelle war die Trachtenblaskapelle Ramsau. Im Jahr 1982 übernahmen wir die Patenschaft bei der Fahnenweihe des GTEV „Schneebergler“ Schnaitsee. 1995 konnte das 75-jährige Gründungsfest gefeiert werden: Freitag 11. August: Gedenkgottesdienst mit Totengedenken am Kriegerdenkmal und Mitgliederehrung im Festzelt, Samstag 12. August: Jubiläumsheimatabend, Sonntag 13. August: Festgottesdienst und Festzug mit Trachtlern aus 26 Trachtenvereinen, abends Volkstanz mit der Innleitn-Musi, Montag, 14. August Goaßlschnalzertreffen zum 20-jährigen Bestehen der Reichertsheimer Goaßlschnalzer mit über 100 Goaßlschnalzern und Musikanten, Dienstag, 15. August: Patrozinium, nachmittags Familiennachmittag, abends Festausklang mit Kesselfleischessen. Festkapelle war bei diesem Fest wieder die Trachtenblaskapelle Ramsau. Im Jahr 2000 wurde in kleinerem Rahmen das 80-jährige Gründungsfest gefeiert. 2005 wurde mit einem Jubiläumsabend auf das 85-jährige Bestehen zurückgeblickt werden.
In der vergangenen Zeit gab es kaum ein Trachtenfest, das wir nicht mit Freude besucht hätten, aber es werden auch die Feste in der eigenen Pfarrei und Gemeinde wie Fronleichnam, Erntedank, Leonhardifahrt usw. und die in der näheren Umgebung, eifrig mitgefeiert. Die Aufgaben des Vereins und damit das Vereinsleben füllen die verschiedenen Gruppen aus:
Der Trachtenverein „Edelweiß“ Reichertsheim kann im Jahr 2020 auf 100 Jahre erfolgreiches Wirken für Tracht, Heimat und Brauchtum zurückblicken. Dieses außergewöhnliche Ereignis werden wir mit einem fünftägigen Gründungsfest feiern.
- Aktive Gruppe:
- Volkstänze, Schuhplattler und Dirndldrahn, Trachtentänze, Heimatabende, Preisplattln, Vereinsveranstaltungen
- Kinder- und Jugendgruppe:
- wie Aktive Gruppe
- Theatergruppe:
- Theateraufführungen in der Advents- und Fastenzeit
- Goaßlschnalzergruppe (gegr. 1974):
- Schnalzen mit der Fuhrmannsgoaßl bei Heimatabenden, Vereins- und passenden Veranstaltungen
- Leonhardifahrt Thambach:
- Alle drei Jahre Leonhardifahrt in Thambach
- Trachtenblaskapelle Ramsau: (seit 1976 Vereinskapelle):
- Blasmusik, Heimatabende, Herbstkonzert, Kirchenkonzert, Vereins- und andere Veranstaltungen
- Stubnmusi, Fast nur Blech, Biertragl-Musi und zahlreiche Vereinsmusikanten:
- Volksmusik, Maiandachten, Weihnachtsfeiern, Boarische Tänze, Vereins- und andere Veranstaltungen
Folgende Vorstände führten seit seiner Gründung den Verein:
- 1920-1922 Franz Thalmeier
- 1923 Max Stöckl
- 1924 Hans Wimmer
- 1925 Franz Thalmeier
- 1926 Franz Wandinger
- 1927-1935 Matthäus Stöckl
- 1936-1937 Johann Stöckl
- 1938-1941 Matthäus Stöckl
- 1941-1948 wegen Weltkrieg nicht besetzt
- 1948 Andreas Knollhuber
- 1949-1953 Franz Hanslmeier
- 1953-1955 Hans Stöckl
- 1955-1958 Alois Greimel
- 1958-1961 Baptist Grundner
- 1961-1989 Alois Greimel
- 1989-1995 Georg Stöckl
- seit 1995 August Grundner jun.